Erschienen in leicht abgeänderter Version im Kreis-Anzeiger am 28. Juni 2014.
Younes Fernouchi ist 16 Jahre alt, wohnt in Nieder-Mockstadt und ist wie der Großteil seiner Freunde und seiner Familie im positiven Sinne fussballverrückt. Der in Frankfurt geborene junge Mann mit marokkanischen Wurzeln verfolgt gespannt die Fussball-WM und fiebert mit Jogis Jungs in Brasilien mit. Doch eins unterscheidet ihn von seinen Freunden: er sieht die Spiele aus einem zweiten Blickwinkel, dem des dritten Teams – Younes ist nämlich seit Oktober 2012 Schiedsrichter!
„Man nimmt Spielsituationen ganz anders wahr, wenn man selbst schon Spiele geleitet hat“, sagt der Gymnasiast im Nachgang zu der ein oder anderen Situation. Wie viele junge Schiedsrichter muss er sich in seinem Umfeld immer wieder behaupten, wenn beim Globalereignis wie just in den vergangenen Tagen gravierende Fehler auftreten, die für den durchschnittlichen Fussballfan nicht zu erklären sind. Aber Younes weiß damit umzugehen und Partei für seine Genossen inmitten von 22 Fussballern zu ergreifen.
In jenem Oktober 2012 wird er mit zwei Freunden auf ein großes Plakat an einem Sportheim im heimischen Kreis aufmerksam auf dem groß der nächste Neulingslehrgang beworben wird. Mit etwas Abstand beschreibt er es als „Interesse für diese völlig andere Sichtweise auf ein Fussballspiel“. Einmal das Interesse geweckt, entscheiden sich die Drei den Lehrgang anzutreten und sich näher mit dem Regelwerk zu beschäftigen. Am Ende besucht allerdings Younes allein den Lehrgang, findet Gefallen an der Materie und besteht nach anstrengenden zwei Wochen mit Bravour.
Von der trockenen Theorie ins kalte Fussballerwasser
Drei Wochen dauert es im Nachgang zu diesem Lehrgang bis er das erste Mal auf dem Platz steht und ein Fussballspiel zweier Jugendmannschaften verantwortet. „Ich war unglaublich nervös, es gibt so viel zu beachten: die Spieler, die oftmals aufbrausenden Eltern, das Stellungspiel – doch nach wenigen Minuten merkte ich, wie ich Spaß an diesem neuen Hobby entwickeln konnte!“ und fasste so schon nach dem ersten Einsatz den Gedanken die neu gewonnene Leidenschaft intensiver zu verfolgen.
Doch dann war erstmal Sommerpause und die nächsten Spiele blieben mangels Masse aus. Oft nehmen neue Schiedsrichter aus ihrer ersten Spielzeit wenig mit und kommen auf geringe Einsatzahlen, weswegen viele der Neuen nach zähem Beginn sprichwörtlich „ihre Pfeife ins Korn werfen“. Bei Younes war dies jedoch anders: die Coaches – Betreuer, die vom Schiedsrichterausschuss in den ersten Spielen geschickt werden, um Neulingen beiseite zustehen – bescheinigten ihm schon in den ersten Einsätzen ein gegebenes Talent und eine ganze Menge Potenzial.
„Auf einmal ging alles ziemlich schnell“
Neue Saison, neue Chancen hieß es dann nach der ersten Sommerpause: einmal das Interesse des Ausschusses auf sich gezogen, ging es für Younes nun schnell voran. „Man hat mit mir geredet und sich intensiv um mich gekümmert, und auf einmal hatte ich immer mehr und immer bessere Spiele.“ Erst pfiff sich der junge Mann durch die verschiedenen Jugendmannschaften nach oben, mittlerweile leitet er mit jungen 16 Jahren Spiele im Aktivenbereich. Als erste Highlights ergaben sich dann das Wintertrainingslager der Büdinger Schiedsrichter und Einsätze als Assistenten in der Herren-Gruppenliga und in den Junioren-Hessenligen, wo der Fussball schon ein „ganz anderes Niveau“ im Vergleich zum heimischen Kreis erreicht.
In vorrausichtlich zwei Jahren macht Younes Abitur, schwärmt aber mittlerweile davon „möglichst vier Spiele an einem Wochenende zu leiten“. In der Schiedsrichterei hat der leidenschaftliche Fussballer ein zeitintensives Hobby gefunden, das ihn von Beginn an begeistert hat. Einem jungen Schiedsrichter in diesem Alter stehen alle Türen offen. Zur neuen Saison wird es nun wichtig sein Erfahrungen zu sammeln und für sich für höhere Aufgaben zu empfehlen.
Erfahrungen sammeln und von Vorbildern lernen
Bis dahin genießt der 16-jährige Nieder-Mockstädter das WM-Turnier in Brasilien und beobachtet aufmerksam was die Kameraden seiner Zunft veranstalten und welche Karten sie für welches Vergehen zücken: „Ich versuche nämlich immer mir Sachen bei anderen Schiedsrichtern abzuschauen, sei es an der Linie hier im Kreis oder bei den Besten der Welt am Bildschirm“ sagt der große und schlanke junge Mann zum Abschluss. Seinen Namen wird man im Zusammenhang mit den heimischen Schiedsrichtern vielleicht noch öfter hören.